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„Aktuell gibt es 350 verschiedene Produkte“

Merzig. Vertreter der Regionalinitiative „Ebbes von hei“ ziehen nach knapp zehn Jahren eine Zwischenbilanz und blicken in die Zukunft.

Zum Abschluss unserer SZ-Serie „Feines aus der Region bei Ebbes von hei“ ziehen Achim Laub, stellvertretender Vorsitzender von „Ebbes von hei“, Ralf Becker, Vorsitzender von „Ebbes von hei“, Peter Klein, Geschäftsführer der Saarschleifenland Tourismus GmbH des Landkreises Merzig-Wadern, Dieter Ruck, Leiter des Amtes für Klimaschutz, Umwelt, Regionalentwicklung und Tourismus für den Landkreis Saarlouis, und Jeanette Dillinger, verantwortlich für „Ebbes von hei“ im Kreis Saarlouis, Bilanz und blicken in die Zukunft.

Fangen wir doch bei den Anfängen an. Wie hat sich die Initiative entwickelt? Was war die Ursprungsidee?

BECKER Wir haben gesehen, dass rings um uns herum über Jahre hin solche regionalen Marken gewachsen sind. Und wir wollten auch etwas für unsere Betriebe tun. Wir hatten damals gute Kontakte nach Österreich in die Steiermark, dadurch sind wir zu dem Thema Regionalvermarktung gekommen. Als wir von einer Exkursion von dort zurückkamen, haben wir das gestartet. Zur Regionalität und Identität gehört natürlich auch die Sprache. Und deswegen kamen wir auf den Begriff „Ebbes von hei“. Wir haben mit zehn Betrieben angefangen. Das lief anfangs relativ langsam und entspannt, weil wir das auch mal testen wollten. Zu Beginn haben wir uns nur um Produzenten gekümmert, weil wir regionale Produkte vermarkten wollen. Als die Touristiker dazukamen, das ist jetzt fünf oder sechs Jahre her, haben wir uns überlegt: Dann müssen wir auch Kriterien für Gastronomie-Betriebe erarbeiten und Produzenten und Gastronomen zusammenbringen. Als mehr und mehr andere Landkreise dazukamen, hat das Ganze Schwung aufgenommen.

Und die verbindende Klammer war der Tourismus?

LAUB Noch schärfer gesagt: der Wandertourismus. Wir sind durch den Erfolg des Premium-Wanderns im Kreis Merzig-Wadern und später auch in Saarlouis mit vielen Gästen konfrontiert worden, die uns gesagt haben: Ihr habt zwar tolle Wanderwege, aber es gibt nix Regionales in der Touristeninfo und der Gastronomie. Das war der Aufhänger für uns, sich dem Thema zuzuwenden. Im ersten Schritt haben wir hauptsächlich Gastronomen für die Initiative geworben, kamen aber schnell zu dem Problem, dass wir eigentlich zu wenig Erzeuger hatten. Von daher haben wir uns in den vergangenen zwei Jahren verstärkt den Erzeugern zugewandt und waren da auch sehr erfolgreich.

BECKER Man muss dazu sagen: Als die Gastronomen dabei waren, haben wir gleich überlegt, wie man Aktionen machen kann, um denen weiterzuhelfen. Darüber kam es dann zu den Veranstaltungsreihen wie Omas Küche, Fischfestival, Kartoffeltage oder Wildwochen, die wir vom Hochwaldraum aus auf die gesamte Saar-Hunsrück-Region ausgeweitet haben.

Wer das Label „Ebbes von hei“ haben will, muss regionale Produkte verwenden und diese Sachen auch entsprechend ausweisen?

LAUB Drei Gerichte sind das Minimum. Die sollte man auf jeden Fall haben.

BECKER Es gibt gewisse Qualitätskriterien. Wir lehnen uns da stark an die Vorgaben des Labels „Genussregion Saarland“. Es sind auch viele Betriebe, die das „Genussregion“-Gütesiegel haben, Mitglieder bei „Ebbes von hei“, sodass wir ein gleiches Qualitätslevel haben. Der Gast weiß: Wenn er in diese Betriebe geht, bekommt er mindestens drei Gerichte zur Auswahl aus regionalen Produkten. Es müssen mindestens drei Weine aus der Region auf der Karte stehen, ebenso Säfte oder Edelbrände aus der Region. Und das muss auch für den Gast kenntlich gemacht werden. Davon profitieren alle, Produzenten wie Gastronomen.

Herr Ruck, Sie waren mit dem Kreis Saarlouis, was den Wandertourismus angeht, schon lange mit im Boot. Vor kurzem ist der Kreis offiziell Mitglied bei „Ebbes von hei“ geworden. Was war der entscheidende Anstoß hierfür?

RUCK Irgendwann kommt man an gewisse Grenzen, auch an geografische. Und an diese Grenzen ist damals der Landkreis Merzig-Wadern mit Achim Laub gestoßen. Es gibt einen wunderschönen Betrieb, der heißt Pehlinger Hof. Und der liegt direkt an dieser Grenze zwischen den Kreisen Merzig-Wadern und Saarlouis. Das ist ein Betrieb, der auf jeden Fall nach Ansicht von allen in die Regionalinitiative gehört hat. Das war der Anstoß für uns, das mal anzufangen und zu begleiten. Seit gut einem halben Jahr ist da richtig Dynamik reingekommen. Das liegt daran, dass wir uns als Landkreis dem Thema Nachhaltigkeit verstärkt widmen wollen. Wir werden dieses Thema intensiv bearbeiten, dazu gehört natürlich, dass wir als Landkreis, wenn wir so eine Initiative starten, mit gutem Beispiel vorangehen und Mitglied werden.

Wenn man solche Vorzeige-Betriebe hat wie im Kreis Saarlouis den Pehlinger Hof, wie wichtig sind solche Leuchttürme, die auch ohne die Initiative schon bekannt sind?

BECKER Das ist enorm wichtig, denn das stärkt die Marke. Und es bringt eine höhere Aufmerksamkeit bei den Nutzern. Also Leuten, die auf regionale Produkte schwören und gerne im Haushalt verwenden und einkaufen. Das zieht auch andere gute Betriebe mit an. Das heißt, im Moment ist der Qualitätszuwachs bei „Ebbes von hei“ sehr gut.

Wie sind die aktuellen Zahlen hinsichtlich der Mitglieder?

BECKER Wir haben 205 Mitglieds-Betriebe bis dato und genau 110 Betriebe, die das Label „Ebbes von hei“ für ihre Produkte nutzen. Wobei man dazu sagen muss, dass unter den Mitglieds-„Betrieben“ auch Privatpersonen, Kommunen, Tourismusorganisationen sind. Aber 110 so genannte Zeichennutzer, das ist schon eine gute Summe. Im Moment haben wir 48 Gastronomen als Mitglied. Davon sind 27 Zeichennutzer, die sich verpflichten, die Qualitätskriterien einzuhalten. Wir geben den Betrieben die Möglichkeit, dass sie einfach nur Mitglied sind, weil sie die Idee von „Ebbes von hei“ gut finden. Wenn sie damit werben wollen, müssen sie diese Qualitätskriterien einhalten.

Das heißt für Erzeugerbetriebe, dass sie bestimmte Auflagen erfüllen müssen, wenn sie das Label nutzen wollen?

LAUB Die müssen ein Pflichtenheft unterschreiben, in dem alle Qualitätskriterien festgelegt sind.

BECKER Wir haben für alle Produkte diese Pflichtenhefte. Wenn in der Vergangenheit neue Betriebe dazugekommen sind, wo wir noch keins hatten, haben wir das mit den Fachleuten gemeinsam erarbeitet und uns an bestehenden Regionalmarken orientiert. Man muss das Rad ja nicht neu erfinden. Aber wir wollen die Betriebe mitnehmen, damit die verstehen, warum wir das machen.

Herr Ruck, Sie haben gesagt, es ist Dynamik reingekommen. Woran merkt man das?

RUCK Man merkt das zunächst einmal an den Zahlen, die wir im Kreis Saarlouis haben. Wir hatten bis Anfang des Jahres sechs oder sieben Betriebe. Seit wir dafür werben, sind es 28 oder 30 geworden. Ich glaube, das Schöne dabei ist, wir müssen da keinen mehr anwerben. Sondern die rufen mittlerweile bei Frau Dillinger an und sagen: „Wir möchten gerne Mitglied werden.“

Wie viele Klinken müssen Sie noch putzen? Oder kommen die Interessenten von alleine?

DILLINGER Die kommen tatsächlich auch von alleine. Wir haben einzelne Höfe, die wir gezielt ausgesucht haben oder die auf unserer Liste stehen unter den Produzenten. Das sind mitunter sehr kleine Betriebe, die eine sehr hohe Qualität haben, aber sich noch nicht so an das Thema herantrauen. Weil sie denken, sie liefern zu kleine Mengen oder ähnliches. Zum anderen melden sich viele selbst, nicht zuletzt wegen der Berichterstattung in der Presse, was dem Thema enorme Aufmerksamkeit beschert hat. Das Interesse ist durch die SZ-Serie nochmals gewachsen.

Ist das im Kreis Merzig-Wadern ähnlich? Oder sind wir da an einem Sättigungspunkt?

LAUB Noch nicht. Es geht etwas langsamer als in Saarlouis, aber es geht trotzdem noch weiter. Gerade in Merzig-Wadern sind einige ganz neue Betriebe entstanden, zum Beispiel diese Feinkostmanufaktur in Beckingen hat mir sehr gut gefallen. Es gibt auch neue regionale Wertschöpfungsketten. Wir haben jetzt drei Bäcker als Mitglied, zwei davon im Kreis Merzig-Wadern. Die arbeiten schon komplett mit „Ebbes von Hei“-Produkten, bekommen das Mehl von einer Mühle, die das Getreide hierfür von regionalen Bauern bezieht. Eier, Milch und Öl kommen auch von „Ebbes von hei“-Erzeugern. Das ist eine neue Qualität bei der Produktentwicklung. Man kann in sechs, sieben Bäckereien Brot kaufen, das komplett aus regionalen Zutaten erzeugt wurde.

Diese Wertschätzung für vor Ort erzeugte Produkte – hat da Corona auch was dazu beigetragen, dass das stärker ins Bewusstsein geraten ist? Oder was sind Faktoren, die dazu beigetragen haben?

BECKER Hauptfaktor, da muss ich ein ganz großes Lob an die Saarbrücker Zeitung aussprechen, war die Serie, die dort in den Lokalausgaben gelaufen ist. Die hat sehr stark dazu beigetragen, dass die Nachfrage exorbitant gestiegen ist. Dann Corona: Ich bin davon überzeugt, das hat dazu geführt, dass die Menschen sich wieder ein bisschen darauf besinnen, die Region zu unterstützen. Das ist nicht nur Corona geschuldet, sondern auch der Klima-Diskussion, die vor Corona schon da war und die, glaube ich, immer wichtiger wird. Vor allem junge Leute haben mehr Interesse an regionalen Produkten, das merkt man ganz enorm.

Von Seiten der Betriebe schließt man jetzt Verbünde und arbeitet mehr zusammen. Wo ist der touristische Wert solch einer Initiative?

KLEIN Die touristische Relevanz der Initiative spielt eine große Rolle für uns. Es war wichtig, neben dem zentralen Schwerpunkt Wandertourismus ein weiteres Thema zu haben, was das ergänzt und aufwertet. Und was uns von anderen Regionen unterscheidet. Wir haben ein hochwertiges gastronomisches und Erzeuger-Angebot von regionalen Produkten. Für uns sind touristisch mehrere Ebenen wichtig. Zum einen die Produktebene: Wo kommt der Gast mit dem Produkt in Kontakt? Deshalb haben wir am Anfang sehr intensiv auf die Gastronomie gesetzt. Da ist aber in den letzten drei, vier Jahren mit den vielen Einkaufsmöglichkeiten und neuen Erzeugern sehr viel passiert. Die zweite, vielleicht genauso wichtige Ebene, an der wir arbeiten müssen, ist das Erleben vor Ort. Dass der Gast die Möglichkeit hat, nicht nur das Produkt zu konsumieren, sondern vor Ort das Entstehen des Produktes zu erleben. Stichwort: gläserne Manufaktur. Die dritte Ebene ist die Waren-Ebene. Dass wir mit „Ebbes von hei“ eine Marke haben, die uns als Region nach Außen transportiert. Eine Entwicklung, die wir noch voranbringen müssen, ist, dass die Produkte auch im Lebensmittel-Einzelhandel oder den Vertriebsstätten außerhalb der Destinationen verfügbar sind und die Kunden dort mit ihnen in Kontakt kommen.

In Sachen Distribution wurden schon verschiedene Dinge probiert, beispielsweise Automaten, die man aufgestellt hat. Wie sind die Erfahrungen da? Was funktioniert gut, was funktioniert nicht so gut?

LAUB Das ist vielleicht noch zu früh, das endgültig zu bewerten. Die hochwertigste Form ist für mich, wenn Hofläden ihre eigenen Produkte, aber auch die von anderen Erzeugern verkaufen. Das ist für den Kunden ganz authentisch. Es ist aber auch für einige Erzeuger wichtig, dass der Handel mit einsteigt. Es gibt Erzeuger wie den „Naturburschen“ in Losheim, der Senf in einer Menge produziert, die über unsere normalen Schienen nicht absetzbar wäre. Der Handel ist wichtig für Betriebe, die expandieren wollen. Es ist nicht für jeden interessant. Es gibt viele gute, kleine Betriebe, die das nicht wollen. Wir brauchen eine Vielfalt der Absatzmöglichkeiten.

Die andere Frage ist, wie schafft man so eine Logistik?

RUCK Wir haben am Anfang alle unheimlich große Probleme in der Logistik gesehen. Mittlerweile haben wir aber derart starke Partner, da ist das kein Thema mehr. Die, die das organisieren, sind Profis und organisieren sich untereinander. Es ist auch so eine idealisierte Vorstellung, dass einer alle Produkte vorhalten kann. Das wird niemals vorkommen. Auch der neue Laden beim „Naturburschen“ in Losheim, der wird eine Auswahl von 200 verschiedenen Produkten haben und sich 50 bis 60 Produkte ins Sortiment nehmen, die dort reinpassen. Dann funktioniert auch die Logistik.

Also es hat eine Eigendynamik bekommen?

BECKER Es provoziert unternehmerisches Handeln im positiven Sinne. Man braucht Unternehmer, die Mut haben, die kann man unterstützen. Teils über Förderprogramme wie „Leader“, teils über Fördermittel aus dem Wirtschafts- oder Landwirtschaftsministerium. Da gibt es überall Töpfe, die man anzapfen kann, so kann man solchen Betrieben weiterhelfen.

Kann man ungefähr überschlagen, wie viele Produkte oder Erzeugnisse mit dem „Ebbes von Hei“-Label es ungefähr gibt?

LAUB Das sind ungefähr 350 verschiedene Produkte.

Dann schauen wir vielleicht jetzt auch noch in die Zukunft anlässlich des zehnten Geburtstages. Was sind die Schwerpunkte für die nächsten drei bis fünf Jahre?

LAUB Fürs Jahr 2021 haben wir einiges in Planung. Eins ist unsere Genusstour mit dem Bus. Was auch wichtig wird, sind Märkte und Markt-Veranstaltungen. Als dritten Punkt wollen wir das Thema Genussveranstaltungen und Märkte mit den kulinarischen Aktionen verbinden. Der Einkaufsführer ist erstmals im Februar 2020 erschienen, wobei die 10 000 Exemplare schon vergriffen sind. Wir werden ihn wohl Mitte Januar in doppelter Auflage wegen der Nachfrage drucken. Und er wird fast den doppelten Umfang haben.

Herr Becker, Sie haben „Ebbes von hei“ von den Anfängen miterlebt. Wohin könnte sich das strukturell entwickeln?

BECKER Im Moment ist es so, dass wir viele starke Partner haben, die sich aktiv einbringen. Das stärkt die Marke enorm. Aber wir brauchen für die Zukunft noch ein bisschen mehr Men-Power, um das Ganze zu kanalisieren. Wir suchen uns da noch weitere Unterstützung. Von außen werden wir mittlerweile angesehen wie eine Firma, nicht wie ein ehrenamtlich geführter Verein. Aber ob und wann wir zu einem Punkt kommen, wo wir das vielleicht professionalisieren können, hängt auch davon ab, wie die Finanzsituation ist.

RUCK Man darf nie vergessen, dass ein Verein vom Engagement seiner Mitglieder lebt. Ohne diese Basis, die mitwirkt und ein Ziel hat, würde das nicht funktionieren.

Die geografische Kulisse wird bleiben. Oder denkt man auch darüber nach, zum Beispiel den Kreis St. Wendel noch ins Auge zu nehmen?

LAUB Langsam, denke ich, haben wir unsere Region gefunden. Das ist fast deckungsgleich mit dem Naturpark Saar-Hunsrück. Und das passt eigentlich von der Größe her.

 

Quelle: 11. Januar 2021, Saarbrücker Zeitung, Christian Beckinger
Foto: Barbara Scherer

 


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